In Cernivci – Czernowitz – arbeitet seit dem Jahr 2000 die Stiftung „Neue Familie“, die sich in vielfältiger Weise um Drogensüchtige kümmert. Die Ukraine steht, was HIV-Infizierungen angeht, an erster Stelle in Europa und an zweiter Stelle bezüglich der Verbreitung von Tuberkulose und Hepatitis C. Hier sind insbesondere junge Menschen betroffen. Hinzu kommt, dass infolge des Krieges mittlerweile ca. 25% der Menschen unterhalb der Armutsgrenze leben.
„Neue Familie“ ist eine Privatinitiative, in der Sozialarbeiter, Psychologen, Ärzte, aber auch Studenten und andere Freiwillige tätig sind. Im Jahr 2018 wurden mehr als 2.600 Drogensüchtige betreut – von der medizinischen Versorgung und Therapien über die Bildung von Selbsthilfegruppen bis hin zur Unterstützung bei Behördengängen. Die Drogensucht und HIV-Erkrankungen wurden lange Zeit vom ukrainischen Staat geleugnet und von der Gesellschaft ignoriert, so dass sich die Stiftung immer am Rand der Legalität sah. Zum Beispiel wurden sterilisierte Spritzen an die Drogensüchtigen verteilt (mehr als 150.000), damit diese sich nicht an bereits benutzten und mitunter verseuchten Spritzen infizieren. Der Staat kriminalisierte dieses Vorgehen als Beihilfe zum Drogenkonsum und erschwerte die Arbeit der Stiftung sehr. Aus diesem Grund sieht sich die Stiftung auch als Aufklärer zwischen der Gesellschaft, den offiziellen Ämtern und den Süchtigen.
Es gibt ein Reha-Zentrum, das täglich geöffnet ist und mittlerweile als Vorbild für ähnliche Einrichtungen im Land gilt, einen Kleinbus für mobile Einsätze in der Stadt und in der Umgebung und es müssen viele materielle Investitionen (Informationsmaterial, Spritzen, u.a.) getätigt werden, wofür finanzielle Unterstützung, insbesondere aus dem Ausland, notwendig ist. Es gab mehrere Initiativen und Hilfsorganisationen, die die „Neue Familie“ über die Jahre unterstützt hatten, aber leider haben zwei Stiftungen im Jahr 2018 ihre Unterstützung eingestellt, so dass die finanzielle Lage wieder prekär ist.
Wir von „Partnerschaft mit Osteuropa e.V.“ besuchen Czernowitz mindestens ein Mal im Jahr und überbringen Spendengelder. Als kleiner Verein sind wir leider nicht in der Lage, das finanzielle Defizit auszugleichen – dafür sind die benötigten Summen zu hoch – aber wir leisten einen wichtigen Beitrag dafür, dass die Stiftung weiter arbeiten und ihren positiven Einfluss auf Gesellschaft und Politik in der Ukraine ausweiten kann.
Bisher hat sich die Stiftung vorrangig um Drogenabhängige gekümmert. Dies hat sich mit Kriegsbeginn dramatisch verändert.
Seit 24.02.2022 arbeiten die Mitarbeiter ohne einen freien Tag. Die reguläre Arbeit hat nicht abgenommen, sondern zugenommen. Zu den Flüchtlingen gehören auch weiterhin die bisherigen Klienten, die bereits Drogen konsumiert haben und bei denen bereits HIV diagnostiziert wurde.
Die Arbeit wurde um die Arbeit mit Flüchtlingen erweitert. Es werden mehrere Gruppen betreut, von denen eine besonders schwierig ist – Kinder, die ihre Eltern verloren haben.
Wir können leider nur 8 Flüchtlingsaufnahmezentren versorgen.
Es worden dort psychologische Erholungsräume eingerichtet und Brettspiele und Spielzeug mitgebracht. Die Psychologen führen mit den Kindern eine Kunsttherapie durch und Sozialarbeiter helfen ihnen, sich an die neuen Bedingungen anzupassen, diese zu verbessern und ihr Leben unter den gegebenen Umständen zu meistern. Natürlich werden die Kinder auch mit Keksen, Tee, Kakao und anderen Süßigkeiten, Bettwäsche, Unterwäsche, Waschmittel und Hygieneartikel versorgt.
In die Suppenküchen, in denen für 500 Personen Essen für Flüchtlinge gekocht wird, die sich nicht selbst versorgen können, werden Lebensmittel geliefert.